Flucht aus Tombel – ein Augenzeuge berichtet

Telefon-Mitschrift am 13. August 2018 mit Abel, Landwirt in Tombel (Bakossi, Southwest Region), ca 60 Jahre.

Von Dr. Nepomuk Riva (Hannover).
Kontakt:
nepomuk.riva@hmtm-hannover.de

 Es geht uns hier nicht gut. Es geht nicht gut.

Vor über einem Monat gab es eine Schießerei in Tombel, überall waren Schüsse, Schüsse… Meine Enkel waren gerade bei mir in den Ferien. Ich musste gemeinsam mit ihnen fliehen. Wir rannten um unser Leben, rannten, rannten… Ich weiß nicht, wer geschossen hat, es interessiert mich nicht, wer geschossen hat, wir rannten einfach um unser Leben.

Ich bin jetzt in Cola auf der Frankophonen Seite von Bakossi, im Haus meiner Tochter. Erinnerst Du Dich an meine Tochter? Sie ist hier verheiratet, hat selbst eine Tochter, sie trägt den Namen Deiner Frau. Meine ganze Familie ist hier untergekommen. Wir sind 23 Menschen in einem Haus, kannst Du Dir das vorstellen? Ich schlafe auf dem Fußboden.

Wir haben buchstäblich nichts. Ein Deutscher, mit dem ich seit den 1990er Jahren bekannt bin, hat etwas Geld geschickt. Ich habe davon Reis gekauft für die Familie. Wir leben jetzt von Reis, kannst Du Dir das vorstellen? Die Gemeinde gibt uns etwas Fufu. Wir konnten nichts retten. Ich schlafe auf dem Fußboden.

Mein Bruder, es geht uns nicht gut. Letztes Wochenende bin ich zurück nach Tombel, um die Situation zu checken. Ich kam freitags an, am Samstag ging die Schießerei wieder los. Menschen rannten aus der Kirche. Der Ort ist verlassen. Wer kann, ist geflohen. Wer nicht bei seiner Familie unterkommen kann, läuft in den Regenwald und bleibt im Regenwald wohnen. Ich kann nicht einmal meine Farm (Gemüsegarten) aufsuchen. Ich komme an keine Lebensmittel. Sofort habe ich den Rückzug angetreten zurück nach Cola, ins Haus meiner Tochter.

Es ist noch immer gefährlich in Tombel. In Nyasoso (wo früher das Theologische Seminar der PCC war) ist es ruhig. Auch in Bangem ist es wieder ruhig. Aber von Tombel mussten wir fliehen. Die Situation im Dorf, wo ich aufgewachsen bin (Nord-Bakossi) ist ebenfalls ruhig. Aber da kann ich nicht hin, keiner meiner Verwandten ist noch am Leben. Ich muss im Haus meiner Tochter bleiben, ich habe keine andere Wahl.

Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Ich weiß nicht, was als nächstes passiert. Aber wir mussten fliehen.

 

Minutes of phone call at 2018-08-13 with Abel, farmer in Tombel (Bakossi), around 60 years old; my local guide in Bakossi between 2003 and 2013

We are not feeling fine. We are not feeling fine.

More than one month ago, there was shooting in Tombel, shooting, shooting, shooting…

My grandchildren had just come for holidays. I had to run together with them. We had to run, run, run… I don’t know who was shooting, I am not interested in who was shooting, we were just running for our lives.

I am now in Cola at my daughter’s house. You remember my daughter? She is married here, with her daughter. All the family came here. We are 23 persons in one house. Can you imagine, 23 persons? I am sleeping on the floor.

We have nothing. A German whom we know since in the 1990ies sent some money some weeks ago. I bought bags of rice for the family. We are living from rice now. Can you imagine? The congregation here gives us some fufu from time to time. We have nothing left. I am sleeping on the floor.

My brother, we are not feeling fine. Last weekend I went home to Tombel to find out how the situation is. I arrived on Friday. Shooting started again on Saturday. People were running away from the church service. The place is deserted. Everyone is fleeing. Who has not a family to stay, runs into the forest, hides in the forest. I cannot go to my farm. I cannot get any food. I immediately went back to Cola, to the house of my daughter.

It is still dangerous in Tombel. It is calm in Nyasoso. It has calmed down in Bangem. But I had to run away from Tombel. The situation in my village [he grew up in a small village in Northern Bakossi, but does not have family there any more, N.R.] is calm. But there is no way for me to go there. I have to stay in my daughter’s house.

We don’t know what is going to happen? I don’t know. We just had to run away.