Gestern Abend bei einem sommerlichen Grillfest in einem wunderschönen Pfarrgarten in Sontheim an der Brenz. Hochrangige Gäste aus Bali Nyonga sind da und erzählen von der aktuellen Situation in Kamerun. Die beinahe romantische Atmosphäre steht in krassem Gegensatz zu der Wirklichkeit in Kamerun, von der die beiden berichten.
Die Frau wurde vor einigen Tagen in ihrem Jeep, den ihr Mann steuerte, von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen. Sie sagt: „Ich habe nicht gesehen, wer geschossen hat. Ich habe den Schmerz gespürt und dann das Blut gesehen. Mir wurde schlecht. Mein Mann ist raus und hat geschrien. Ich habe ein Stück Stoff abgerissen und mir den Oberschenkel abgebunden. Ich hatte solche Angst, dass ich verblute. Die Schüsse kamen wie aus dem Nichts, ohne Vorwarnung. Ich sah dann zwei junge Militärs am Straßenrand. Ich habe sie angeschrien: ‚Was macht ihr da? Warum schießt ihr? Schaut her, ich bin verwundet. Ich bin eine Frau! Wie könnt Ihr es wagen, auf Eure Mutter zu schießen? Warum schießt ihr auf Eure Mutter?‘
Ich weiß nicht, ob sie es waren, die geschossen haben. Sie schauten jedenfalls betroffen. Ich hoffe, sie denken nächstes Mal nach, bevor sie abdrücken. Es waren blutjunge Soldaten. Bei den Amba Boys sind Teenager unter Waffen, das muss man sich vorstellen. Wir Mütter weinen um unsere Jungs beim Militär und wir Mütter weinen um unsere Jungs bei den Amba Boys. Es müssten mehr Mütter und Väter aufstehen und gegen das Schießen sprechen. Gewalt ist keine Lösung!“
Der Ehemann ist Schulleiter. Er berichtet, dass zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler das letzte Schuljahr absolviert haben. Für ihn ist das ein Erfolg. Andere Schulen mussten schließen. Dort ist es den Amba-Boys gelungen, viele Eltern in Angst zu versetzen und sie davon abzuhalten, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Das hält er für keine gute Strategie. Er sagt: „Viele Ambazonier leben im Ausland. Sie stacheln die bewaffneten Freiheitskämpfer in Kamerun auf, die setzen Eltern unter Druck. Sie sorgen für Feuerüberfälle auf Schulen und verbreiten Angst und Schrecken. Ihre eigenen Kinder gehen in den USA, in Brüssel, Helsinki oder Stuttgart zur Schule. Viele Kinder hier im Anglophonen Kamerun haben seit zwei Jahren keine Schule mehr von innen gesehen. Die jungen Burschen gehen in die Wälder, weil sie keine Jobs finden und Krieg interessant finden. Sie werden bewaffnet und kämpfen gegen das Militär. Es wäre besser, wenn sie zur Schule gehen. Das sage ich nicht, weil ich Lehrer bin. Unser Volk hat keine Zukunft, wenn die Schulen geschlossen sind.
Wir haben unseren Schülerinnen und Schülern das Handy verboten. Sie bekommen auf das Handy schlimme Nachrichten und kommen auf schlechte Gedanken. Handys sind an unserer Schule tabu, damit sich die Schüler auf das Lernen konzentrieren. In diesem Schuljahr haben ohne Ausnahme alle Absolventen ihr Examen bestanden. Das ist ein riesiger Erfolg. Das macht mich stolz.“