Regierungssoldaten müssen sich verantworten – ein erster Schritt auf dem Weg zum Frieden?

Eines der Gräber für die Opfer des Massakers in Ngarbuh (c) Foto: privat. Zieht die Regierung in Jaunde die Verantwortlichen jetzt zur Rechenschaft?

Die Schlussfolgerung eines jetzt veröffentlichten Untersuchungsberichts, dass Soldaten zur Rechenschaft gezogen werden können, bedeutet für den Friedensprozess in Kamerun einiges

Human Rights Watch. (Nairobi, 24. April 2020) – Die Veröffentlichung von Erkenntnissen über ein Massaker in Ngarbuh im Nordwesten Kameruns am 22. April 2020 in Kamerun ist ein wichtiger erster Schritt, um die Wahrheit über die Tötung von Zivilisten durch Regierungstruppen herauszufinden, sagte Human Rights Watch heute.

Bei der Untersuchung der Morde stellte Human Rights Watch fest, dass am 14. Februar in Ngarbuh Regierungstruppen und bewaffnete ethnische Fulani mindestens 21 Zivilisten getötet haben, darunter 13 Kinder und 1 schwangere Frau. Aus der Pressemitteilung der Regierung geht hervor, dass die Ergebnisse einer gemeinsamen Untersuchungskommission in Details erheblich von den Fakten abweichen, die von Human Rights Watch dokumentiert und von weiteren unabhängigen Organisationen einschließlich der Vereinten Nationen bestätigt wurden. Es wird immerhin nun offiziell festgestellt, dass kamerunische Soldaten versuchten, die Wahrheit über die Morde zu vertuschen, und dass die Regierung sich verpflichtet, mit Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten.

„Die Ergebnisse der Kommission zum Massaker in Ngarbuh sind zwar fehlerhaft, aber ein wichtiger erster Schritt in Richtung Gerechtigkeit für diese schweren Verbrechen“, sagte Lewis Mudge, Direktor für Zentralafrika bei Human Rights Watch. „Dieser Bericht sollte jedoch keine einsame Aktion der Regierung bleiben. Eine eingehendere Untersuchung ist erforderlich, um einen klaren Zeitplan für die nächsten Schritte festzulegen und alle Verantwortlichen, einschließlich aller Personen weiter oben in der Befehlskette, zu identifizieren, um sie strafrechtlich zu verfolgen. “

Der Angriff in Ngarbuh war kein Einzelfall, sondern Teil eines größeren Musters schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen durch die kamerunischen Sicherheitskräfte in den anglophonen Regionen. Human Rights Watch dokumentiert seit 2017 mehrere missbräuchliche Operationen zur Aufstandsbekämpfung durch die Sicherheitskräfte im Nordwesten und Südwesten.

Human Rights Watch hatte die kamerunische Regierung am 16. April aufgefordert, den vollständigen Bericht der Untersuchungskommission zu veröffentlichen. Ohne den vollständigen Bericht ist es nicht möglich zu verstehen, wie die Kommission zu ihren Schlussfolgerungen gekommen ist, aber die fünfseitige Pressemitteilung enthält genügend Informationen, um eine umfassende Analyse des Berichtsinhalts zu ermöglichen.

Die Kommission stellte fest, dass Sicherheitskräfte und Mitglieder von „lokalen Bürgerwehr-Gruppen“ eine Aufklärungsoperation in Ngarbuh durchführten, bei der sich plötzlich bewaffneten Separatisten gegenüber sahen und 5 von ihnen töteten. Bei dem Feuergefecht wurden 13 Zivilisten getötet. Das Militär versuchte dann, seine Taten zu vertuschen, indem es Häuser verbrannte und einen falschen Bericht über den Vorfall einreichte. Die Kommission identifizierte einen Sergeant, einen Gendarm und einen Soldaten als verantwortlich für die Morde und benannte einen Bataillonskommandeur, der die Operation nicht ordentlich überwachte.

Human Rights Watch stellte fest, dass Regierungstruppen, darunter Mitglieder des Rapid Intervention Battalion (RIB), der Eliteeinheit der kamerunischen Armee, sowie bewaffnete ethnische Fulani 21 Zivilisten in Ngarbuh töteten, fünf Häuser niederbrannten, Dutzende anderer Grundstücke plünderten und Bewohner schlugen. Die bewaffneten Fulani könnten die „lokalen Bürgerwehr-Gruppen“ sein, auf die in der Pressemitteilung der Regierung Bezug genommen wird.

Human Rights Watch sprach mit Zeugen und Anwohnern, die sagten, dass es keine Konfrontation zwischen bewaffneten Separatisten und Sicherheitskräften gegeben habe, dass die Morde absichtlich begangen worden seien und darauf abzielen, die Bevölkerung zu bestrafen, die beschuldigt wird, Separatisten beherbergt und unterstützt zu haben.

In den Wochen nach der Veröffentlichung des Berichts von Human Rights Watch lehnte die Regierung die Verantwortung für die Morde in Ngarbuh ab und führte eine Abwehrkampagne gegen Medien sowie nationale und internationale Organisationen durch, darunter Human Rights Watch und andere Menschenrechtsgruppen sowie UN-Organisationen.

In der Pressemitteilung zur Untersuchung der Gemeinsamen Kommission wurde jedoch Präsident Paul Biya zitiert, dass die Regierung weiterhin bereit sei, mit Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten.

Dies steht in krassem Gegensatz zu den jüngsten Maßnahmen der Regierung. Am 12. April 2019 verweigerten Beamte des internationalen Flughafens Douala der leitenden Forscherin von Human Rights Watch für Zentralafrika die Einreise, obwohl sie ein gültiges Visum hatte. Trotz zahlreicher Auskunftsersuchen wurde nie eine Erklärung für die Verweigerung ihrer Einreise gegeben.

„Die Entscheidung der Regierung, die Ergebnisse der Kommission zu veröffentlichen, ist hoffentlich ein Signal für ein Ende der Ablehnung und des Versteckens der Wahrheit über Missbrauch“, sagte Mudge. „Wir sind optimistisch, dass dies neue Möglichkeiten bietet, als unabhängige Mitarbeiter mit der Regierung zusammenzuarbeiten, um den Missbrauch durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu beenden.“

Übersetzung: Johannes Stahl.

Das Englische Original dieses Artikels finden Sie hier: https://www.hrw.org/news/2020/04/24/cameroon-massacre-findings-made-public

Weitere Human Rights Watch-Berichte über Kamerun finden Sie hier: https://www.hrw.org/africa/cameroon